Adjektive töten wie Mark Twain

«Wenn Sie ein Adjektiv sehen, töten Sie es sofort». So lautet ein stilistischer Tipp des berühmten amerikanischen Schriftstellers Mark Twain.

Tatsächlich sind viele Adjektive überflüssig und nichtssagend. Sie blähen einen Text unnötig auf und lenken von dem ab, was wichtig ist. Und schliesslich langweilen sie die Leserinnen und Leser. Oder wie Mark Twain es formulierte: Zu viele Adjektive schwächen einen Text.

Machen wir also die Probe aufs Exempel: Streichen wir die Adjektive im ersten Satz dieses Texts:

So lautet ein stilistischerTipp des berühmten amerikanischen Schriftstellers Mark Twain.

Übrig bleibt: So lautet ein Tipp des Schriftstellers Mark Twain.

Keine Frage: Der Satz gewinnt an Kraft. Die Aussage ist klar und prägnant.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Adjektive oder Eigenschaftswörter sind im Grunde eine gute Sache. Sie beschreiben die Dinge näher, schaffen Bilder und sorgen für Farbe in einem Text. Sinn machen Adjektive, wenn es um Unterscheidungen («Mögen Sie roten oder weissen Wein?» oder Wertungen («Die Suppe war zu wenig heiss») geht.

Und gegen originelle Verwendungen und Wortkreationen («laut schweigen») ist auch nichts einzuwenden.

Problematisch wird es hingegen, wenn ein Adjektiv wiederholt, was das zugehörige Substantiv bereits aussagt (diese inhaltlichen Doppelungen nennt man auch Pleonasmen).

Beispiele von unsinnigen Doppelungen:

  • «runder Kreis»
  • «dichtes Gedränge»
  • «nützliche Vorteile»
  • «günstige Schnäppchen»
  • «seltene Ausnahme»
  • «harte Knochenarbeit»
  • «zeitliche Befristung»

In solchen Fällen sind Adjektive überflüssig (redundant). Sie machen viel Lärm um nichts. Deshalb lässt man sie besser weg.

Wie können Sie überflüssige Adjektive entlarven? Manche Adjektive beschreiben Selbstverständlichkeiten. Probieren Sie es deshalb mit folgendem Trick: Kehren Sie das Adjektiv in das Gegenteil. Klingt das absurd, kürzen Sie.

Beispiel:

  • Die «unangenehme Erholung» gibt es nicht. Also können Sie auch auf die «angenehme Erholung» verzichten.
  • Eine «nichtssagende Broschüre» macht wenig Sinn. Verzichten Sie also auf die «informative Broschüre».

Und: Je stärker und aussagekräftiger Ihre Substantive sind, desto eher können Sie auf Adjektive verzichten.

Nichtssagende Adjektive übersetzen Sie besser in anschauliche Informationen.

Beispiele:

  • «Unsere Kunden werden von einem Berater betreut» statt «Wir sind ein kundenfreundliches Unternehmen.»
  • «Einen Termin bekommen Sie in der Regel für den nächsten Arbeitstag» statt «Einen Termin erhalten Sie in der Regel kurzfristig».
  • «Ich arbeite seit 2005 im Marketing» statt «Ich bringe langjährige Erfahrung mit».

Heisst das nun, dass Sie alle Adjektive aus Ihrem Text streichen sollen? Keinesfalls. Selbst Mark Twain war in dieser Frage nicht so radikal. Nach «Wenn Sie ein Adjektiv sehen, töten Sie es sofort» heisst es weiter: «Vielleicht nicht in jedem Fall. Aber bringen Sie die meisten um – dann ist der Rest wertvoll. Adjektive schwächen Ihren Text, wenn sie zu dicht stehen. Sie geben Kraft, wenn sie viel Raum zwischen sich haben.»

Es lohnt sich also, jedes Adjektiv zu überprüfen und sich zu fragen: Ist es notwendig? Oder gewinnt mein Text, wenn ich es weglasse?

Das können Sie sich merken:

  1. Verwenden Sie Adjektive dort, wo sie tatsächlich nötig sind.
  2. Konzentrieren Sie sich auf einige wenige, aber aufschlussreiche Adjektive.
  3. Verzichten Sie auf Überflüssiges. Streichen Sie nichtssagende Adjektive.
  4. Setzen Sie stattdessen auf konkrete Informationen. Nutzen Sie Verben oder wählen Sie ausdrucksstarke Substantive.

Adjektive sind nicht per so schlecht. Wie fast überall gilt: Die Dosis macht das Gift. Verwenden Sie Adjektive deshalb sparsam. Denn dann, um es mit Mark Twain zu sagen, entwickeln sie Kraft. Dasselbe gilt übrigens für Adverbien. Doch dazu mehr in einem nächsten Blogbeitrag.